Der Hintergrund

Warum das Buch entstand

Fast zwanzig Jahre sind nun vergangen, seitdem ich mich, versehen mit den Schlüsseln für alle Schubladen und Kästchen, im Hause meiner Eltern befand, um den Hausstand meiner Eltern aufzulösen. Ich trat eine Reise ins Bad Godesberg der 1950er Jahre an und begab mich in die Wirren der Nachkriegszeit. Ich erinnerte mich an den Lebensmittelgroßhandel meines Vaters, an Lannesdorf, unser Betriebsgelände in der Karl-Finkelnburg-Straße in Bad Godesberg und an unser Haus in Oberwinter. Und ich bewegte mich zurück in meine Kindheit.

Zeitvergessen kamen mir Erinnerungen an meine Tretrollerfahrten im Innenhof in Lannesdorf, als ich wohl sieben oder acht Jahre alt war. Es war beinahe so, als sollte ich die Schlaglöcher und Bordsteinkanten noch einmal und ganz unmittelbar spüren. Natürlich roch ich auch den Duft des Kaffees, der aus den Gebäuden strömte, wenn Josef Schliebusch seiner Lieblingsbeschäftigung nachging: dem Kaffeerösten. Ich durchlebte die Zeit förmlich ein zweites Mal.

Über dieses Empfinden hinaus, das ich sehr genoss, ging es mir jedoch um das Verstehen – um die rationale Erfassung dessen, was mich bewegte. Wie führte mein Vater sein Geschäft und seine Mitarbeiter? Traf er die richtigen strategischen Entscheidungen? Zur geistigen Rekapitulation begab ich mich auf eine historische Zeitreise zum Lebensmittelmarkt, zum Kaffeemarkt, zum Bad Godesberg von damals.

Auch aus der heutigen Distanz erfüllt mich das Andenken an meinen Vater mit Stolz. Mir imponierten schon als Junge seine Entschlossenheit, seine Disziplin, sein Glaube ans Geschäft und sich selbst. Ich bewunderte den Mut Josef Schliebuschs, wenn es um den zielgerichteten Ausbau seines Geschäfts ging. Selbst große Investitionen, wie etwa bei der Einführung der Tiefkühlkost, scheute er keinesfalls. Im Gegenteil: er ging sie wohlgemut an.
Es war diese positive Art, die persönliche Zuwendung, mit der er jedem Menschen begegnete. Das hat mich damals beeindruckt und tut es noch heute.

Außerdem empfinde ich ebenso wie mein Vater eine enge Bindung zu meiner Heimat Bad Godesberg. Während ich dies schreibe, sitze ich in meinem Arbeitszimmer im Hause meiner Oma Adele. In den nächsten Tagen und Wochen räume ich in Ruhe alle Dinge wieder an ihren Platz: die Urkunden, Briefe, die Godesberger Heimatblätter, die Bücher und Kopien aus dem Stadtarchiv.

Ich bin zufrieden mit der getanen Arbeit und freue mich darüber, dass ich ein Stück der Godesberger Geschichte habe konservieren können – für mich, für meine Familie und für alle, die etwas für Bad Godesberg, Kaffee oder Lebensmittel übrig haben.

Eine Zeitreise – Von Ahnen und Ahnungen

Warum wurde dem Buch »Godesberger Aufbruchsjahre« eine Ahnengeschichte angefügt, die bis ins 16. Jahrjundert zurückreicht?

Meine Familie bewegt sich seit vielen Generationen auf ein und demselben Fleckchen Erde: im Godesberger Land. Zunächst verlebten meine Ahnen ihre Jahre in Mehlem; später zog es einige ins benachbarte Lannesdorf. Erst mein Vater durchbrach diese Tradition, als er sich Anfang der 1950er Jahre mit seiner Firma nach Bad Godesberg bewegte.

Für mich haben Lannesdorf und Mehlem eine ganz besondere Bedeutung. Dieses Land an der alten Handelsstraße, die schon zu Römerzeiten Köln und Koblenz miteinander verband, bildet das Zentrum meiner (Familien-)Geschichte. Hier ist der Platz, an dem zwölf Generationen meiner Familie lebten, feierten und heirateten; wo sie geboren und viele auch begraben wurden.


Manchmal, wenn ich vom Rodderberg zum Rolandsbogen spaziere, blicke ich in Gedanken auf Lannesdorf und Mehlem. Was hat dieser Landstrich im Laufe der Jahrhunderte (oder Jahrtausende) nicht alles gesehen und erlebt? Ich stelle mir gerne vor, wie es zur damaligen Zeit war; betrachte das Datum eines Ereignisses und versetze mich hinein in das Leben meiner Ahnen. Ich halte inne, schaue auf die Vergangenheit meiner Vorfahren und damit auf die Wurzeln meiner selbst.


Etliche Stunden im Bonner Stadtarchiv brachten mich der Idee näher, wer meine Großeltern und Urgroßeltern gewesen sein mögen. Einmal eingetaucht in dieses »Vormals«, packte mich die Idee zu dieser Zeitreise – fernab der Hektik heutiger Zeit.


Was geschieht aber, wenn ich die Jahreszahlen der Vorfahren mit lokalen Ereignissen oder gar Weltgeschichte in Beziehung bringe? Für mich persönlich hat diese Verbildlichung von Geschichte einen sehr plastischen und faszinierenden Aspekt. Ich fülle numerische Fakten mit Leben; mache sie greifbar, anfassbar – so werden meine Ahnen für mich lebendig. Ich folge ihnen auf ihren Wegen.


Sicherlich erhebt die kleine Ahnengeschichte, mit der dieses Buch seinen Abschluss findet,  keinen Anspruch als fundierte historische Analyse, als wissenschaftliches Werk Beachtung finden zu wollen. Mir geht es um Bilder von einiger Wahrscheinlichkeit. Ich reise fünf Jahrhunderte zurück und stelle mir vor, was meine Vorfahren ereilt haben mag.